Original-Zettel von Sebastian Kloz, Mittenwald 1734

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich sehr, dass ich zu diesem Workshop und zu eurer Tagung hier in Stein am Rhein eingeladen bin und mit euch zusammen Instrumente, die wir mitgebracht haben, anschauen darf.

Ich hoffe, gerade weil aus Mittenwald sehr wenige Instrumente mit Originalzettel bzw. Signatur erhalten sind, hier und heute vielleicht das ein oder andere interessante Instrumente zu sehen. Viele Instrumente von unbekannteren Mittenwalder Geigenbauerfamilien sind leider nur zu oft im späten 19. bzw. 20. Jahrhundert mit Zetteln der Familie Klotz versehen worden. Dies und der Umstand, dass Mittenwalder Meister ihre Instrumente ab ca. 1750 mit Amati- und Stainerzetteln etikettierten, hat es uns schwierig gemacht die Arbeiten der weniger bekannten Mittenwalder Geigenmacher zu identifizieren.
Da es also meist leicht ist, eine Mittenwalder Geige als solche zu erkennen, aber oft unmöglich ist, einen Namen bzw. einen Erbauer dafür zu finden, möchte ich gerne etwas zu den Instrumenten sagen, die uns allen bekannter sind, die Instrumente der Familie Klotz in Mittenwald.
Der Mittenwalder Geigenbau beginnt mit Mathias Klotz, der 1653 geboren und 1743 in Mittenwald gestorben ist.
Die angeblich vor Mathias Klotz in Mittenwald lebenden Lautenmacher konnten in Archivarbeit bisher nicht nachgewiesen werden. Genannt werden zum Beispiel bei Lütgendorf (Quelle: Josef Focht) Angehörige der Familie Neuner und frühere Mitglieder der Familie Klotz. Ein Beweis dafür lässt sich aber weder in Kirchenbüchern, Gerichtsprotokollen noch in den wichtigsten Archivalien des Mittenwalder Marktarchives finden. Mathias steht somit nach bisherigen Erkenntnissen am Anfang der Mittenwalder Geigenbautradition.
Mathias Klotz, dessen Ausbildung wir aufgrund seiner Arbeit in Füssen bzw. im Lechgau vermuten, kehrt ca. 1685 nach Mittenwald zurück. Ein Dienstzeugnis weist seine Arbeitstätigkeit in Padua von
1672 – 1678 bei Giovanni Railich nach. Beim Eintritt in Railichs Werkstatt war Mathias bereits 19 Jahre alt und besaß eine gediegene Ausbildung. Über die weitere Zeit bis zu seiner Rückkehr nach Mittenwald ist uns leider nichts bekannt.
Es gibt nur wenige Arbeiten von Mathias Klotz. Sie sind zwischen 1710 und 1728 datiert. Mathias hat seine Instrumente der Geigenfamilie nach Cremoneser Bauweise über ein Formbrett und mit Nagel durch den Oberklotz gebaut. Dies dürfte der große Unterschied zu den Füssener Instrumenten des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts sein, die bis auf wenige Ausnahmen in spielmännischer Bautradition gemacht sind.
Es sind insgesamt drei Violen von Mathias Klotz bekannt, diese haben annähernd gleiche Maße, die Korpuslänge beträgt um 41,3cm, sie könnten demnach über das selbe Formbrett gebaut sein. Leider ist bei einer Viola die ich gesehen habe, die Decke falsch, die andere Viola, die ich kenne, ist neuerworbenes Eigentum des Geigenbaumuseums in Mittenwald, sie hat einen ungelösten Originalzettel und ist zwischen 1710 und 1719 datiert, die letzte Zahl des Zettels ist leider nicht mehr zu lesen. Diese Viola ist relativ unspektakulär im Füssener Stil nach einem Stainermodell gebaut. Das schmale Modell mit einer sehr langen Deckenmensur von 22,9cm hat sehr wenig mit den späteren Arbeiten der Familie Klotz zu tun, ausgenommen denen von Georg I. Klotz. Der gelbbraune, trockene Lack liegt bei dieser Bratsche auf einem relativ dunklen Grund, sie ist unter dem Griffbrett nicht lackiert.
Der Boden ist gestiftet, die Wölbungen sind mittelhoch angelegt, die Randarbeit ist markanter und schärfer als die der späteren Klotzinstrumente. Die kleine Schnecke sitzt auf einem langen
Wirbelkasten ohne Absatz, ganz in der Art wie bei den Schnecken von Jakobus Stainer. Die Innenarbeit der Viola ist aus Fichte.
Eine Violine, die von Charles Beare an die Geigenbauschule in Mittenwald verkauft wurde und jetzt im Geigenbaumuseum ausgestellt ist, besitzt zwar einen schönen Originalzettel, ob er aber in die Geige gehört, wissen wir leider nicht. Dazu kommt noch, dass die Geige und die kürzlich angekaufte Viola stilistisch nicht besonders nahe zusammenliegen.
Alles in allem fällt es mir schwer, die Arbeit von Mathias Klotz zu charakterisieren, Hauptursache dafür sind zu wenige gesicherte Arbeiten aus seiner Werkstatt. Leider war es mir auch nicht möglich, eine Arbeit von ihm mitzubringen.
Mathias bildete in seiner Werkstatt neben seinen drei Söhnen Georg I., Sebastian I., und Johann Carl mehrere lernfreudige ortsansässige Buben aus, unter ihnen auch Andreas Jais, der sich später im heutigen Bad Tölz niederliess.
Der Absatz der gebauten Instrumente geschah wahrscheinlich schon bei Mathias Klotz hauptsächlich auf dem Weg des Hausierhandels. Mit der sogenannten Butte und ca. 10 Geigen darin machte sich der Geigenmacher auf Wanderschaft. Beim Verkauf der Instrumente kam ihm seine Kunst, meisterlich aufspielen zu können, sehr hilfreich entgegen.
Diese Absatzform gab es gelegentlich noch bis 1800, wurde aber schon früh von einer neuen Verkaufsform, die den Vertrieb mehr und mehr in die Hände von Kaufleuten legte, abgelöst.
Von Georg I Klotz, dem ältesten Sohn von Mathias wissen wir ebenso wenig wie von seinem Vater, und doch gibt es zwei interessante Geigen, von denen ich heute auch eine mitgebracht habe. Wir werden diese später noch genauer betrachten.
Die andere Geige mit einem ungelösten Originalzettel von Georg I. Klotz wurde mir 2006 von einer Händlerin aus der Bodenseegegend vorgelegt, aufgrund des vorhandenen Bodenstimmrisses hat auch diese Geige ihren Weg ins Mittenwalder Geigenbaumuseum gefunden. Der Zettel, handschriftlich in Latein verfasst, übersetzt sich wie folgt: „Ich, Georgius Kloz habe mit meiner eigenen Hand gemacht in Mittenwald anno 1722“
Sebastian Klotz, der jüngere Bruder von Georg I., entwickelte sich zur prägenden Persönlichkeit der Mittenwalder Schule. Er entwickelte die charakteristische Bauweise und Stilistik der Klotzfamilie. Seine Arbeit bis ca. 1750 ist nicht endgültig geklärt.
Für seine frühen Arbeiten verwendet Sebastian Klotz handschriftliche Zettel und orangen Lack von schöner Qualität, ab 1750 werden seine Lacke dann substanzloser und tendieren in Richtung braun. Ab 1750 hat Sebastian Klotz dann auch sein endgültiges und uns allen bekanntes Modell gefunden, er verwendet bis 1760 einen neuen, gedruckten Zetteltypus mit kleinen Lettern. Ab 1760 hat er dann einen Druckzettel mit größeren Lettern.
Sebastian Klotz stiftete seine Arbeiten am Boden mittig bzw. auf der Fuge. Seine früheren Arbeiten bis 1750 sind nicht immer gestiftet, er verwendet Anfang der Fünfzigerjahre dann Stifte mit größerem Durchmesser, später wird ihr Durchmesser wieder klein und ab ca. 1760 hört Sebastian dann auf seine Instrumente zu stiften.
Sebastian Klotz starb 1775 in Mittenwald, blieb aber Vorbild für viele Mittenwalder Meister bis nach 1800.
Der jüngste Sohn von Mathias Klotz, Johann Carl, stand ganz unter dem Einfluss seines Stiefbruders Sebastians. Seine Arbeit weist nicht die Routine auf, die die Arbeiten von Sebastian zeigen und sind sehr selten.
Die dritte Generation der Geigenmacher der Klotzfamilie ist geprägt durch Arbeiten von individuellem Charakter, das heißt jeder der drei Söhne Sebastians und auch Michael, Sohn von Johann Carl Klotz, entwickelte sein eigenes Modell und seinen eigenen persönlichen Stil. Die beiden älteren Söhne Georg und Ägidius sind ungleich produktiver als Joseph und sein Cousin Michael.
Georg II., der älteste der drei Brüder, hat einen sehr persönlichen Ansatz in seiner Arbeit. Sie ist nicht nur handwerklich geprägt, er hat sich sicher auch einige Gedanken zum Klang seiner Instrumente gemacht. Er probiert mehr aus, ändert Wölbungen, F-Löcher, Holzwahl und Größe der Geigen, die er baut. Seine Geigen aus der Zeit um 1765 sind mit ihrem großen, langen Modell und ihren flachen Wölbungen tonlich sehr interessant und auch erfolgreich.
Sein frühester Zettel ist von 1751. Bis 1754 sind seine Zettel handschriftlich, danach verwendet er einen gedruckten Zettel. Er brachte auch häufig eine handschriftliche Signatur am Boden in der Nähe des Oberklotzes an. Seine Instrumente sind bis 1764 gestiftet, danach verwendete er keine Stifte mehr.
Ägiduis, der mittlere von den drei Söhnen Sebastians, ist für mich neben Sebastian und Georg II. der eleganteste Arbeiter der Familie, aus seiner Hand habe ich mit Abstand die meisten Instrumente gesehen. Seine Arbeit ist von handwerklicher Routine geprägt, sie gibt einem aber trotzdem immer das Gefühl von Lebendigkeit und Interesse an der Ausführung von Details. Arbeiten von ihm sind ab ca. 1760 bekannt, die letzte bekannte Arbeit ist 1802 datiert. Ägidius hat keine Stifte in seinen Arbeiten verwendet, er benutzte zwei verschiedene Zetteltypen, beides sind Druckzettel.
Ägidius Klotz starb 1805, in seinen späten Arbeiten vermuten wir die Mithilfe und Handschrift von seinem Sohn Sebastian II. Dies gilt vor allem für Instrumente, die nach 1790 entstanden sind. Joseph Klotz, der jüngste Sohn Sebastians, hat uns nicht sehr viele Instrumente hinterlassen. Instrumente von ihm sind zwischen 1775 und ca. 1790 bekannt, nach 1780 verkaufte er auch die Arbeit eines anderen Mittenwalder Geigenmachers unter seinem eigenen Namen. Er verwendete zwei verschiedene Zetteltypen, beide sind gedruckt. Joseph Klotz benutzte keine Stifte im Boden. Mit dem Sohn von Joseph I. Klotz und den zwei Söhnen von Ägidius, die ebenfalls Geigenmacher waren, endet vorerst die erfolgreiche Ära der Familie Klotz im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts, Arbeiten aus der vierten Generation Klotz sind mir außer einer Viola von Sebastian II. Klotz nicht bekannt.
Die Abhängigkeit der Mittenwalder Geigenmacher von ihren Händlern wurde in dieser Zeit nach 1800 so groß, dass nur noch wenige Geigenbauer ihre Arbeiten mit eigenem Zettel versehen konnten. 1850 waren dann die meisten Mittenwalder Geigenbauer nur noch reine Bestandteilmacher, sie konnten durch die Arbeitsteilung, die durch das Aufblühen des Verlegerwesens Einzug in die Mittenwalder Geigenbauwerkstätten genommen hatte, selbständig keine Geigen mehr bauen. Diese Geigenmacher verdienten nur die Hälfte von dem, was ein Maurer oder Zimmermannsmeister pro Tag erwirtschaften konnte. Sie hätten von diesen niedrigen Stücklöhnen niemals existieren können, wenn sie nicht ein eigenes Haus, eine kleine Landwirtschaft und ein Stück Wald für ihr Brennholz gehabt hätten. Sie betrachteten demnach die Geigenmacherei als Nebenerwerb.
So wurde, um diesem Missstand abzuhelfen und die Qualität der gebauten Instrumente zu heben, 1858 die Mittenwalder Geigenbauschule gegründet.
Fähige Geigenbauer wie Johann Baptist Reiter und Ludwig Neuner förderten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Geigenbauschule bzw. die Mittenwalder Heimarbeiter und bemühten sich um eine Verbesserung des Produktionsniveaus.
Anfang des 20. Jahrhunderts verebbt dann langsam die Produktivität des Verlegerwesens und der Mittenwalder Geigenbau findet in dieser Zeit nach dem ersten Weltkrieg sein vorläufiges wirtschaftliches Ende. 1930 stellte die Firma Neuner und Hornsteiner, 1934 die Firma Baader die Produktion ein.
Erst nach dem zweiten Weltkrieg zeigen sich wieder erste Lebeszeichen, mehrere sudetendeutsche Vertriebene siedelten sich zu dieser Zeit in Mittenwald an und begannen wieder Geigen zu bauen. Gegenwärtig sind in Mittenwald wieder mindestens elf Werkstätten ansässig, in denen Streich- und Zupfinstrumente gebaut werden.
Die fertig ausgebildeten Gesellen der Geigenbauschule in Mittenwald sind heute begehrte Arbeiter in allen Werkstätten der Welt und ihre Ausbilder bemühen sich mit Hingabe um den Anschluss an ein gutes internationales Niveau ihrer Schüler.
Hier endet meine kurze Einführung in ein schwieriges Thema, ich hoffe ich kann die vielen nicht erwähnten Geigenbauer neben der Familie Klotz nun beim Anschauen der Instrumente ein wenig näher beleuchten. Auch unter ihnen finden wir natürlich einige vorzügliche Geigenbauer, deren Arbeiten ich durch meine etwas einseitige Einführung natürlich nicht in den Schatten stellen wollte.
Ich wünsche uns viel Spaß dabei. 
Die erste Geige, die wir heute anschauen, ist von Georg I. Klotz und 1732 datiert, leider sind die beiden letzen Zahlen des Originalzettels nicht gut zu lesen. Die Klötze der Geige sind aus Fichte und im originalen Oberklotz ist das Loch des ehemals genagelten Halses zu sehen. Die Futterleisten aus Ahorn sind spitz in die Klötze eingelassen, die Bodenfuge ist mit einem Pergamentstreifen gesichert. Die Korpuslänge der Geige liegt bei 35,5 cm und die Deckenmensur beträgt 19,4 cm. Das kräftige Modell mit den weit ausladenden oberen und unteren Schwüngen der Mittelbügel ist an Amati orientiert, die Linienführung ist nicht symetrisch und hinterlässt einen etwas rohen Eindruck. Die ungleichmäßige, eher schmale Einlage liegt nahe am Rand und ihr Verlauf in jede der vier Ecken ist unterschiedlich. Wir sehen hier die Arbeit eines Geigenmachers, der sich seiner sicheren Hand bewusst war und sich nicht mit Details beschäftigt hat. Die hohe Bodenwölbung ist sehr lang und von der Seite aus gesehen gerade angelegt, sie bildet oben und unten eine hohe Kugel, die durch eine eng angelegte Wölbung im Mittelbereich verbunden ist.
Die Wölbungshohlkehle verläuft dem Umriss folgend gleichmäßig breit in eine flache und unregelmäßige Randhohlkehle aus. Können wir die Geige bitte drehen um die Decke anzuschauen. Die kurzen F-Löcher stehen eng zusammen und gerade in der hohen Wölbung. Auch sie sind nicht symetrisch und im Gesamten etwas zur Diskantseite hin verschoben.
Der Schaft bleibt lange breit und die Schwünge zu den Kugeln sind nur wenig ausladend. Dies gilt nicht nur für ihre Ausladung in horizontaler Richtung, auch in vertikaler Richtung sitzen die etwas oval geschnittenen Kugeln nahe an der maximalen Länge des F-Loches.
Mit ihren schmalen F-Klappen sind die F-Löcher an den frühen Arbeiten der Familie Amati orientiert.
Die Anlage der Deckenwölbung ist der des Bodens sehr ähnlich, sie ist ca. 18 mm hoch, die Bodenwölbung ca. 17,5 mm. Die Geige hat eine durchgehende Unterzarge, die Mitte ist mit einer angerissenen Linie über die gesamte Zargenhöhe markiert.
Werfen wir noch einen Blick auf die rechte Seite der Schnecke. Der Wirbelkasten wirkt in der Länge gedrungen, die Stirn ist sehr hoch und die Windungen verlaufen eng und etwas undefiniert zum tiefsitzenden Ohr. Der Auslauf der Hohlkehle ins Ohr endet schon früh, wodurch das Ohr relativ kräftig wirkt.
Von hinten wirkt der Wirbelkasten schmal und verjüngt sich nach oben hin schnell, die Hohlkehle der Rück- und Vorderseite ist rund und mitteltief gestochen.
Wenn wir die Schnecke von vorne ansehen, bleibt der Eindruck nicht aus, dass auch die Schnecke, wie die ganze Geige relativ schnell entstanden ist.
Der Lackaufbau unter dem ultravioletten Licht ist einschichtig und die Farbe dieser Schicht zeigt ein helles, milchiges orangebraun.
Beide Geigen, die ich von Georg I. Klotz kenne, haben eine sehr dunkle Grundierung, diese Geige hier wirkt an Boden und Zargen stark verbeizt, dadurch kommt die eigentliche Farbe und Qualität des Lackes nur noch an wenigen Stellen zur Geltung, so zum Beispiel hier an der Baßseite der Decke, am leuchtend orangen Lack unter dem Saitenhalter und an der unteren Diskantseite bis zum F-Loch. 
Hier eine frühe Geige von Sebastian Klotz, die ich zur Diskussion stellen will. Noch in dem von der Entente 1997 herausgebrachten Buch „Alte Geigen und Bogen, ausgewählte Meisterwerke aus dem deutschen Kulturraum“ wird dieser Geigentypus Johann Jais in Bozen zugeschrieben.
Wolfgang Zunterer distanziert sich mittlerweile von dieser Zuordnung an Johann Jais, die bei keiner Geige durch einen ungelösten Originalzettel von Johann Jais gesichert ist. Wolfgang Zunterer und Benjamin Schröder haben in den letzten Jahren drei Geigen mit ungelösten Originalzetteln von Sebastian Klotz gefunden. Diese drei Geigen sind in den Dreißigerjahren des 18. Jahrunderts datiert und entsprechen mit Sicherheit dem Geigentypus, den wir gerade vor uns sehen. Ihre ungelösten handschriftlichen Zettel sprechen laut Wolfgang Zunterer und Benjamin Schröder sehr für Sebastian Klotz als Erbauer dieser Geigen.
Mark sagen, wir brauchen die Signatur von Sebastian I. an der Wand
Eine Untersuchung der Handschrift auf diesen Zetteln und der Handschrift von Sebastian aus dem Mittenwalder Marktarchiv ist bisher noch nicht erfolgt, aber in naher Zukunft geplant und wir sind gespannt, ob sich die Handschrift mit der eines Briefes von Sebastian, den er ca. 30 Jahre später geschrieben hat, deckt.
Wolfgang Zunterer arbeitet im Augenblick mit viel Einsatz daran, die Arbeiten der Familie Klotz vor 1750 zu klären und ich hoffe, dass wir in Zukunft mehr über diese spannende Zeit des Geigenbaues in Mittenwald erfahren.
Werfen wir noch einmal einen Blick auf die Geige, um zu sehen, wie die Arbeit von Sebastian in dieser frühen Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit aussieht, interessant ist auch, wie ähnlich die Geige bzw. deren Fragmente der Geige von Georg I. Klotz sind. Die Korpuslänge beträgt 35,8 cm, die Deckenmensur liegt bei 19,5 cm.
Das Modell wirkt oben und unten etwas flach und dadurch eckiger als das der Geige von Georg I.
Die Schwünge der Mittelbügel sind noch weiter ausladend, die Ecken sind sehr lang und sitzen weit außen im Modell. Auffällig ist, dass die Arbeit im Gegensatz zu der von Georg I. sehr sauber ausgeführt ist. Die schmale Einlage verläuft nahe am Rand, die Wölbungsanlage der beiden Geigen ist ähnlich, auch wenn die Wölbung von Sebastian ausgeglichener und viel ausgereifter wirkt. Die Höhe der Wölbung ist im Ober- und Unterbug nicht so extrem hoch und der Mittelteil nicht so spitz angelegt.
Werfen wir einen Blick auf die Decke um die F-Löcher anzuschauen. Stand, Modell und Schnitt der F-Löcher sind sehr ähnlich zu den F-Löchern seines älteren Bruders, ihre Lage im Modell ist allerdings symetrischer. Der Abstand zwischen den oberen F-Kugeln ist mit knapp 38 mm schmal, sie sind sehr kurz und stehen gerade in der hohen Wölbung, wodurch die Fläche der Brust klein wirkt.
Werfen wir jetzt einen Blick auf die linke Seite der Schnecke, sie hat außer der hohen Stirn mit der Arbeit von Georg I. nichts gemein. Der große Kopf sitzt auf einem geschwungenem Wirbelkasten mit relativ großem Maul, insgesamt wirkt der Kopf trotz der leicht oval angelegten Windungen sehr rund. Das Ohr ist klein, die Windungen sind tief gestochen, die Hohlkehle am Übergang zum Wirbelkasten hier oben relativ flach, besser zu sehen ist dies an der gegenüberliegenden Seite der Schnecke.
Werfen wir noch einen kurzen Blick auf die Rück- und Vorderseite der Schnecke.
Der Wirbelkasten wirkt kräftig, die Hohlkehle ist flach gestochen und der Abschluss unten ist rund angelegt. Auffällig ist auch, dass die zweite Windung der Schnecke am Ohr nicht so stark abfällt wie bei seinen späteren Arbeiten. Drehen wir die Schnecke bitte zur Vorderseite.
Von vorne gesehen liegt das linke Ohr weiter unten, die Windungen sind an der Unterseite überschnitten, die zweite Windung ist von vorne gesehen stark geschwungen. Im Vergleich zu seinen späteren Arbeiten wirkt diese Geige im Gesamten weniger detailorientiert und symetrisch, befindet sich aber qualitätsmäßig auf mindestens dem gleichen Niveau.
Der Lack der Geige ist von sehr hoher Qualität, die Farbe ein leuchtendes orangebraun, was wir am besten am Boden der Geige sehen können. Ganz wie bei der Geige von Georg I. erscheint er etwas trocken und neigt dazu in kleinen Splittern abzuspringen.
Abschließend möchte ich noch einmal klarstellen, es liegt mir fern, die Geigen, die bisher als
Bozener Arbeiten im Umlauf sind, Sebastian Klotz mit Sicherheit zuzuschreiben, die stilistische Verwandschaft zur Geige von Georg I. Klotz macht es für mich aber durchaus vorstellbar, dass die früheren Instrumente von Sebastian so aussehen, wie die Geige, die wir gerade angeschaut haben.
Hier nun eine Geige von Sebastian Klotz von 1750 mit gedrucktem Zettel und kleinen Lettern, der Originalzettel ist schön erhalten und sieht ungelöst aus. Man kann die Rippung des handgeschöpften Hadernpapieres erkennen. Er ist mit einem Hochdruckverfahren gedruckt, die Farbe sitzt bei genauer Betrachtung tief im Papier.
Die Innenarbeit ist aus Fichte, die relativ langen Eckklötze ragen weit in Ober- und Unterbug und weniger weit in den Mittelbug, die zierlichen Futterleisten sind spitz in die Klötze eingelassen. Die Futterleisten sind mit einer geraden Fase verputzt, so dass am Übergang der Fase zur breitesten Stelle der Futterleiste eine Kante sichtbar geblieben ist. Schauen wir uns die Geige nun von außen an.
Die Korpuslänge der Geige beträgt 35,2 cm, das Modell mit den kurzen und zierlichen Ecken ist an Amati orientiert, die langen Einlageecken sind handwerklich extrem gut ausgeführt und teilen das Eck optisch bis fast zum Eckenabschluss.
Die beiden Stifte am Boden sind weit innerhalb der Einlage gesetzt, sie sind aus dunklem Obstholz und knapp 3mm stark. Die Wölbungen zeigen eine großzügig angelegte Wölbungshohlkehle, die in einen runden Rand ohne Randhohlkehle übergeht. Die relativ markante Einlage liegt nahe am Rand. Schauen wir uns nun die Decke an. Die F-Löcher sind sehr kurz und stehen gerade und harmonisch in der Wölbung. Die Kugeln sind oval geschnitten, die großen und ausladenen Kerben trennen optisch den oberen Schwung des F-Loch-Schaftes vom unteren Schwung, wir können dies an der rechten Seite des F-Loch-Schaftes noch ganz gut sehen, die Kerbe ist in den unteren und auch oberen Schwung mit einbezogen.
Die inneren Kerben wurden bei dieser Geige leider verändert.
Die F-Klappen sind schmal gehalten und ihr Abschluss ist ein gerader Schnitt, die unteren Klappen sind nur wenig gekehlt. Die Materialwahl für Decke, Zargen und Boden ist bei dieser Geige außerordentlich schön, der langsamgewachsene Ahorn mit kleinen Vogelaugen und die äußerst feinjährige Decke sind wahrscheinlich aus der Gegend um Mittenwald. Dies gilt sicher auch für die fast ungeflammte Schnecke. Richten wir die Kamera jetzt bitte auf die linke Seite der Schnecke.
Die Schnecke sitzt auf einem großzügig geschwungenem Wirbelkasten, dessen Bauch vorne weit unten sitzt und oben in ein großes Maul übergeht. An den Windungen der Schnecke sehen wir ein großes Ohr, das relativ weit unten sitzt. Darüber sind die Windungen und die Stirn sehr großzügig angelegt, die Windungen unter dem Ohr sind gedrungen. Der Einlauf der Hohlkehle in das Ohr hier oben ist relativ breit.
Jetzt bitte die Rückseite der Schnecke.
Die Seitenflächen des Wirbelkastens sind gerade angelegt, der Wirbelkasten ist am oberen Ende noch relativ breit und der Wirbelkastenabschluss unten erscheint ein wenig eckig. Diese hier sehr zurückhaltend angelegten stilistischen Elemente finden wir bei seinen Söhnen, vor allem bei Ägidius später in stark übersteigerter Form wieder. Drehen wir die Geige bitte zur Vorderansicht der Schnecke.
Bei der Vorderansicht ist die engste Stelle des Wirbelkastens nicht ganz oben, sondern etwa hier in der Vorderansicht.
Die erste und vor allem die zweite Windung ist deutlich weniger geschwungen als die der vorhergesehenen Geige aus den Dreißigerjahren, die Vorderansicht zeigt jetzt die für Sebastian typische Stilistik der späteren Zeit.
Die Kerbe am oberen Ende des Wirbelkastens ist ein häufiges anzutreffendes Merkmal in der
Familie.
Diese Geige aus dem Jahr 1750 ist für Sebastian sehr typisch, seine Arbeit reif, sehr ausgewogen und an klassischen Vorbildern orientiert. Der rot-orange Lack ist typisch für seine Arbeiten bis ca. 1750, er wird später farbintensiver und substanzloser. Unter dem ultravioletten Licht zeigt dieser frühe Lack einen einschichtigen Aufbau und eine milchig hellgelbe Farbe. Grundsätzlich haben die von Sebastian bis ca. 1750 benutzen Lacke eine komplett andere Substanz und Zusammensetzung wie die braunen und substanzlosen Lacke der späteren Zeit, die unter dem ultravioletten Licht einschichtig und dunkel erscheinen. 
Schauen wir auf eine Geige von Georg Klotz II. aus dem Jahr 1777 mit Signatur am Oberklotz. Die Korpuslänge beträgt 36,0 cm, die Deckenmensur 19,5 cm. In Kombination mit der langen Korpuslänge, dem schmalen Unterbug von 20,2 cm und dem sehr flachen Einlauf des Gegenschwunges zu den oberen und unteren Ecken wirkt das Modell von Georg sehr flächig.
Dieser Eindruck wird von der nahe am Rand liegenden Einlage noch verstärkt, die oberen Ecken liegen bei ihm sehr weit außen im Modell.
Die Einlage ist nicht so breit wie die seiner Brüder, sie läuft bei Georg II. tendenziell mittig ins Eck.
Die Bodenwölbung ist sehr niedrig und wir sehen bei dieser Geige eine Randhohlkehle, die wir in der Klotz-Familie eher selten zu Gesicht bekommen, sie lässt den Rand filigran und noch schmaler erscheinen als er schon ist. Drehen wir die Geige nun zur Decke.
Auffällig ist der gerade und klassische Stand der F-Löcher, die F-Klappen sind etwas breiter und die Kerben sind nicht so ausladend geschnitten wie bei Sebastian, seinem Vater.
Der Abschluss der F-Klappe ist häufig gerade geschnitten, die Kerbenform variiert nach Modell. Insgesamt haben wir es hier mit einer Geige zu tun, deren Arbeit trotz eigenen, großen Modelles näher an seinem Vater orientiert ist als die Arbeiten seiner Brüder. Georg II. hat hier versucht, eine feine, an klassischen Arbeiten der Amatis orientierte Geige zu bauen. Die Geige hat ihren originalen Hals, am Halsstock und am unteren Ende des Wirbelkastens sehen wir jeweils eine Kerbe, die die Mitte markiert. Diese beiden Kerben lassen die dritte Kerbe, die am oberen Wirbelkastenende sitzt, in einem anderen Kontext erscheinen. Wenn man die beiden unteren Kerben nicht sieht, könnte man denken die obere ist eine Art Verzierung oder eine Kennzeichnung der Arbeiten der Familie. In Wirklichkeit sind sie sicher ein Hilfsmittel beim Aufnageln des Halses gewesen. Mit Hilfe dieser drei Kerben und einer vierten am Unterklotz der Zarge zur Deckenseite hin konnte der Geigenmacher diese vier Punkte auf eine Linie bringen und so den Hals möglichst gerade aufnageln. Werfen jetzt eine Blick auf die Schnecke.
Die Schnecke ist in ihrer Ausführung wuchtig und wirkt durch ihre makellose Linienführung und Proportionierung etwas statisch. Typisch für Georg II. ist die eng am Ohr bleibende zweite Windung und der breite Hohlkehlenauslauf ins Ohr. Jetzt bitte die Rückseite der Schnecke.
Von hinten wirkt die Schnecke normal dimensioniert, der Wirbelkastenabschluss ist hier relativ rund. Jetzt bitte die Vorderseite.
Auch von vorne sehen wir keine besonderen Merkmale. Das Ohr wirkt relativ groß, die zweite Windung fällt von Ohr aus schnell ab, die Ohren sind leicht unterstochen. Der Übergang der engsten Stelle in die erste Windung der Vorderansicht ist bei Georg breit und wenig geschwungen.
Der Lack bei Georg II. Klotz ist wie der fast aller Instrumente, die nach 1750 in den Werkstätten der Familie entstanden sind, von dünner, trockener Konsistenz und farbintensiv. Die Grundhaftung ist aufgrund einer wasserempfindlichen Leimgrundierung nicht besonders gut. Unter dem ultravioletten Licht erscheint der Aufbau dieser Lacke fast immer einschichtig und sehr dunkel. Ausnahmen mit hellen Lacken bilden wenige Instrumente aus der Hand von Georg II. und die Instrumente, die Joseph Klotz nach 1780 unter eigenem Namen verkauft, aber nicht selbst gebaut hat.
Mark sagen, wir brauchen die Signatur von Georg II an der Wand. 
Schauen wir auf eine sehr typische und hochwertige Arbeit von Georg II. Klotz, eine Viola aus dem Jahr 1775 mit einer Korpuslänge von 39 cm und einer Deckenmensur von gut 21 cm.
Sie ist in der Breite proportional schmaler als ein Geigenmodell, ansonsten hat Georg II. die Proportionen so umgesetzt, wie er das beim Bau einer Geige getan hätte. Die Viola ist am Oberklotz in der üblichen Weise mit Tusche signiert.
Werfen wir einen Blick auf das Modell am Boden, Georg verändert das Modell seines Vaters, indem er den Oberbug vergrößert, er nimmt den Gegenschwung des Ober- bzw. Unterbuges ins Eck flacher, wie wir gerade schon bei der Geige von 1777 gesehen haben.
Der Eckenabschluss an den oberen Ecken ist sehr steil geschnitten, dies verstärkt den Eindruck des weit außen im Modell liegenden Eckes.
Auch hier eine sehr zierliche Randarbeit und eine zumindest vorhandene Randhohlkehle, die Einlage ist hier nicht so breit wie die seiner Brüder, vor allem der Mittelspan erscheint bei dieser Viola schmaler.
Drehen wir die Viola zur Decke um das F-Loch anzuschauen. Dem schmalen Modell angemessen sind die F-Löcher hier nur wenig ausladend, sie stehen gerade in der Wölbung und zeigen eine sehr ausgeglichene Stilistik, was bei Georg II. bei Leibe nicht immer so ist, oft haben gerade seine FLöcher einen sehr modernen Charakter. Richten wir die Kamera nun auf die Schnecke, der Wirbelkasten und der Kopf wirken nicht so schwer wie bei der vorangegangenen Schnecke, wir sehen wiederum die nahe am Ohr bleibende zweite Windung und den breiten Auslauf der Hohlkehle ins Ohr, der an der Innenseite bis zum Ende ansteigt und an der Außenseite oben ein leichtes Komma bildet.
Sehr typisch für Georg II. ist auch der breite Rand an den Windungen.
Von hinten gesehen ist der Wirbelkastenabschluss unten eckig, der Wirbelkasten bleibt nach oben hin breit. Jetzt bitte die Vorderseite der Schnecke.
Von vorne zeigt sich die Schnecke in der ersten Windung breit, die zweite Windung und die Ohren sind relativ schmal.
Ich bin natürlich froh, dass wir so viele Instrumente von Georg II. Klotz hier haben, deswegen werden wir gleich nochmal eine Geige unter die Lupe nehmen, die andere Ansätze von Georg zeigt. Es ist eine Geige, die laut Zettel ebenfalls von 1775 ist, die Wölbungshöhen sind relativ ähnlich zur Geige von 1777 angelegt, die Bodenwölbung ist mit 13,6 mm sehr flach, die Deckenwölbung ist gut 2 mm höher.
Gehen wir gleich zur Decke, um die F-Löcher anzusehen.
Georg II. ändert hier radikal und zeitunabhängig das Modell des F-Loches. Wenn wir den Winkel des Abschlusses der oberen F-Klappe, die breiten F-Klappen, den etwas steifen F-Lochschaft und die runden Kugeln betrachten, könnte man annehmen, Georg hätte sich ein Modell von Guiseppe Guarneri aus den Dreißgerjahren des 18. Jahrhunderts zum Vorbild genommen. Zumindest ist es aber ein Versuch, sich vom Modell der Amatis zu lösen.
Gehen wir von F-Loch nun gleich zur Schnecke. Hier bleibt Georg II. seinem Modell treu, auffällig der breite und gleichmäßige Rand an den Windungen, der breite Einlauf der Hohlkehle ins große Ohr und die nahe am Ohr laufende zweite Windung der Schnecke.
Die Instrumente, die wir bis hierhin von Georg II. gesehen haben, passen ganz gut zusammen und gehören sicher zum Besten, was er uns hinterlassen hat, vielleicht ist später noch Zeit, die anderen Geigen, die noch hier sind in die Hand zu nehmen und gemeinsam anzuschauen. 
Diese Geige von Ägidius Klotz hat einen Originalzettel, der 1785 datiert ist, die Korpuslänge beträgt 35,2 cm, die Deckenmensur 18,8 cm. Das Modell ist sehr typisch für Ägidius, der schmale und kurz dimensionierte Oberbug gibt seinem Modell die persönliche Note.
Die oberen Ecken sitzen der Breite des Oberbuges entsprechend weiter innen. Auch hier sind die Schwünge von Ober- und Unterbug zum Eck hin flach gehalten, die für Ägidius typische breite und kräftige Einlage sitzt nahe am Rand. Der Schwung der Einlage ins Eck weicht im Mittelbug schon früh von der Umrisslinie ab.
Der Rand wird in diesem Bereich schmaler, die Spitze der Einlage zeigt nicht zur Mitte des Eckes, sondern tendiert Richtung Mittelbug.
Die Wölbungen sind bei dieser Geige sehr flach gehalten, die breite Wölbungshohlkehle läuft in einer sehr flachen Randhohlkehle aus.
Drehen wir die Geige bitte, um die Decke anzuschauen. Die langen F-Löcher stehen bei Ägidius bis ca. 1790 gerade in der Wölbung. Typisch sind die weit ausholenden oberen bzw. unteren Schwünge des Schaftes, das F-Loch macht durch den steil und rund geschnittenen Abschluss der F-Klappe einen leicht überdrehten Eindruck.
Als einziger seiner Familie schneidet er seine Kerben extrem tief und schmal.
Jetzt bitte zur linken Seitenansicht der Schnecke. Das Modell der Schnecke ist lang und wirkt kräftig. Fast könnte man denken, die Schnecke habe zuerst einen Schlag von hinten und später einen auf die Vorderseite erhalten, um die Proportionen die wir jetzt sehen, zu bekommen. Durch den massiven Rand, der nicht als Fläche, sondern im Querschnitt beinahe rund angelegt ist, erscheint die Schnecke robust und zugleich elegant. Der Auslauf der Hohlkehle in das Ohr ist bei Ägidius schmaler als bei Georg II., die Windungen und der Kopf sind hier in Längsrichtung oval angelegt.
Gehen wir nun zur Rückseite der Schnecke.
Zwei kerzengerade Linien laufen vom extrem eckigen Wirbelkastenabschluss kompromisslos nach oben, die Hohlkehle ist flach gestochen. Drehen wir die Geige um einen Blick auf die Vorderansicht zu bekommen.
Die engste Stelle der Stirn sitzt weit in der Vorderansicht. Auch die Ohren sitzen tief in der Vorderansicht, die Linien der zweiten Windung erscheinen fast parallel.
Die engste Stelle der Vorderansicht ist im Gegensatz zu den Arbeiten von Georg II. sehr schmal gehalten und meist stärker geschwungen. Das Wirbelkastenende ist gerandelt, in der Mitte sitzt die schon erwähnte Kerbe. Die Wände des Wirbelkastens sind innen kaum und nach außen hin stark verrundet.
Schauen wir uns nun eine Arbeit von Ägidius Klotz an, die nach 1790 entstanden ist, sie hat leider keinen Originalzettel. Ägidius ändert im Alter von fast 60 Jahren vieles an seiner bis dahin sehr konstanten Arbeit, Grund dafür könnte eine stärkere Mitarbeit seiner Söhne, vor allem von
Sebastian II. sein.
Die Geige hat eine Korpuslänge von 35,6 cm, Ägidius normalisiert die Proportionen seines früheren
Modelles, der Oberbug wird breiter und länger, der Mittelbug und Unterbug im Verhältnis kürzer.
Die Wölbungen sind voller, höher und mit mehr Gegenschwung angelegt als die der Geige von 1785, die Wölbungshöhe der Decke liegt bei knapp 18 mm, die des Bodens bei 15 mm. Der Radius des Gegenschwunges in die Ecken wird kleiner, und die Ecken wirken geschwungener und nach außen betont.
Nun ein Blick auf Decke und F-Löcher.
Hauptmerkmal seiner späten Arbeiten ist der schräge Stand der F-Löcher, die sehr weit unten im Korpus sitzen.
Die Geige hat eine Deckenmensur von 20,2 cm. Der Schaft wirkt nun meistens etwas steif, die Gesamtlänge der F-Löcher ist etwas kürzer, die untere Kugel kleiner.
Auch bei der Schnecke sehen wir große Veränderungen. Der Wirbelkasten wirkt durch seine gleichbleibende Breite und sehr hohe Stirn jetzt kürzer und noch wuchtiger, die Windungen sind sehr klein und der Hohlkehlenauslauf ins Ohr endet schon früh. Auffällig ist auch der sehr massive Rand am Wirbelkasten.
Gestatten wir uns noch einen Blick auf die Rück- und dann auf die Vorderseite der Schnecke. Der Wirbelkastenabschluss ist rund, der Wirbelkasten verüngt sich nach oben hin stark, die engste Stelle sitzt nun ganz oben an der Schnecke. Drehen wir die Geige bitte zur Vorderseite der Schnecke. An der Vorderseite sehen wir eine ähnliche Stilistik. Konträr zu seiner früheren Arbeit eine eher dreieckige Anlage der Vorderansicht, die nach unten hin extrem breit wird.
Ich denke, die Geige ist insgesamt so verschieden zu seinen früheren Arbeiten und wir nehmen an, dass sich Ägidius Anfang der Neunzigerjahre langsam aus seiner Werkstatt zurückzog und die Arbeit unter seiner Supervision mehr und mehr von seinen Söhnen übernommen wurde.
Wir kommen jetzt zu einer Geige von Joseph Klotz, der gedruckte Zettel in dieser Geige ist original, das Datum aber nicht mehr lesbar. Ich datiere die Geige in die 80er Jahre des 18. Jahrhunderts. Die Innenarbeit ist aus Fichte und unterscheidet sich nicht von den anderen Mitgliedern der Familie. Wenn wir das Modell betrachten, fallen zuerst die schnell abfallenden Schultern auf, sie beschreiben im Oberbug fast einen Kreisausschnitt.
Die Ecken liegen sehr weit außen im Modell, vom Verhältnis her ist der Unterbug lang und mit 20,1 cm Breite relativ schmal dimensioniert. Der Verlauf des Schwunges zu den Ecken hin ist flach gehalten, die Einlageecken treffen stumpf aufeinander. Der Boden ist nicht gestiftet, die Korpuslänge beträgt 36,2 cm. Die Zargen dieser und auch anderer Geigen von Joseph sind mit 32 mm am Unterklotz höher angelegt als bei den anderen Geigenmachern der Familie, die ganze Unterzarge ist in der Mitte durch eine Kerbe markiert, ein Merkmal das wir alle von vielen
Mittenwalder Instrumenten kennen. Auffällig ist bei Joseph der große Randüberstand an Decke und Boden. Er beträgt bei dieser Geige bis zu 4 mm, vielleicht können wir das kurz versuchen zu zeigen.
Wenden wir uns jetzt der Decke zu. Die F-Löcher mit ihren großen oberen Kugeln sind kurz und der Schaft verjüngt sich sehr schnell. Mit ihrem geraden Stand in der Wölbung und ihrer größeren Ausladung orientiert sich Joseph hier näher an einem Modell von Stainer. Wenden wir die Kamera der linken Seite der Schnecke zu.
Die Seitenansicht der Schnecke mit ihrer hohen Stirn ist in den Windungen deutlich oval in fast horizontaler Richtung angelegt. Das Maul ist weit ausgeschwungen, endet aber schon früh. Der Wirbelkasten ist insgesamt etwas kürzer angelegt als die seiner Brüder. Der Auslauf der Hohlkehle ins Ohr ist schmal gehalten, das Ohr relativ klein. Hauptaugenmerk beim Erkennen seiner Instrumente ist aber definitiv seine Arbeit am Korpus, die Schnecken fallen da etwas zu unterschiedlich aus, während Modell, Wölbung und F-Löcher konstant bleiben.
Der dünne und intensiv braune Lack zeigt unter dem ultravioletten Licht einmal mehr einen dunkelbraunen, einschichtigen Aufbau. Die von einem anderen Mittenwalder Geigenmacher gebauten Instrumente, die Joseph Klotz nach 1780 unter seinem Namen verkauft hat, sind grundsätzlich verschieden zu seinen eigenen Arbeiten. (Franz Xaver Wimmer)
Jetzt zu einem der weniger bekannten Geigenmacher in Mittenwald, Anton Jais, der als Sohn von Franz Sales Jais 1743 geboren wurde und nach 1836 in Mittenwald starb. Er ist in seiner Arbeit sehr persönlich und eher von Mathias Hornsteiner Hofschmied in Mittenwald beeinflusst.
Hier eine Geige ohne Originalzettel und ohne Signatur aus der Zeit um 1785, die Korpuslänge beträgt 35,7 cm, die Deckenmensur 19,6 cm. Die Geige ist extrem fein und eine willkommene Abwechslung zu den untereinander sehr ähnlichen Arbeiten der Familie Klotz. Anton Jais orientiert sich hier nahe an einem Modell von Jakobus Stainer. Auffällig sind die engen Schwünge am oberen und unteren Ende des Mittelbuges, an deren Ende ein zierliches, tropfenförmiges Eck hängt. Die Gegenschwünge des Ober- und Unterbuges ins Eck sind stark geschwungen, wir sehen hier manchmal kleine Pausbacken.
Die Randarbeit ist extrem zierlich, die dünne Einlage, die in einer tiefen Randhohlkehle und sehr nahe am Rand liegt, unterscheidet sich deutlich von den Arbeiten der Klotzfamilie. Die Randarbeit ist dabei im Querschnitt etwas dreieckig angelegt, was wir zum Beispiel auch von Arbeiten der Familie Widhalm kennen. Die Wölbungen sind hoch und voll angelegt, die Wölbungshohlkehle ist eher schmal, unter dem Lack sehen wir hier viele Arbeitsspuren, sie geben der Arbeit und dem Lack ein lebendiges Aussehen.
Drehen wir die Geige um die Decke anzuschauen. Anton Jais bemüht sich um Deckenholz das nicht ganz so eng gewachsen ist und stellt seine F-Löcher gerade in die volle Wölbung.
Der Schaft, dessen breiteste Stelle meist unter der Kerbe sitzt, bleibt lange gerade, die F-Klappe dreht sich oben sehr weit zur Kugel, der Abstand zwischen dem rundgeschnittenen Abschluss der Klappe und dem Einlauf zur Kugel ist hier sehr eng.
Während Anton Jais diesen oberen Schwung sehr fein und immer ähnlich ausführt, interessiert ihn der untere weniger. Die unteren Kugeln sind im Gegensatz zu den oberen sehr groß.
Werfen wir nun einen Blick auf die Schnecke. Das Modell der Schnecke bzw des Wirbelkastens ist stark geschwungen, der Umriss insgesamt eher klein und zierlich. Ins Auge fällt sofort der schmale Auslauf der Hohlkehle ins Ohr und das große Ohr.
Diese beiden Merkmale sehen wir sehr oft bei Mittenwalder Geigen, speziell bei Arbeiten der
Familie Hornsteiner. Die Vorder- und Rückansicht der Schnecke zeigt uns keine besonderen Merkmale von Anton Jais, wichtig ist vielleicht noch, dass sich der Wirbelkasten nach vorne hin stark verjüngt, die Rückseite ist also viel breiter als die Vorderseite. Der Lack ist bei dieser Geige besonders schön, er ist von durchsichtiger, rotbrauner Farbe, etwas dicker aufgetragen und an manchen Stellen leicht geronnen. Die meisten Geigen von Anton Jais haben Lacke von nicht ganz so guter Qualität und brauner Farbe, allerdings mit einer weicheren Konsistenz und besseren Grundhaftung als die späten Lacke der Familie Klotz.
Sehen wir uns noch eine zweite Geige von Anton Jais an, sie hat einen Originalzettel, der 1798 datiert ist. Sie hat eine Korpuslänge von 35,5 cm, die Deckenmensur ist normal. Die Anlage des Modelles ist identisch zur vorangegangenen Geige, auch hier die zum Mittelbug tropfenförmigen Ecken, ähnlich auch der schmale Auslauf der Einlage ins Eck.
Die Hohlkehle am Rand ist noch tiefer angelegt und unter dem unberührten, leicht geronnenen Lack sind Arbeitsspuren zu sehen.
Drehen wir die Geige um die Decke anzusehen. Anton Jais verwendet hier eine einteilige Decke aus Haselfichte, die Flanken sind unten auf beiden Seiten angesetzt, um auf die normale Breite der Decke zu kommen. Stand, Modell und Proportionen stimmen im wesentlichen mit der Geige von 1785 überein, allerdings sind die F-Löcher flüchtig und grob geschnitten. Jetzt bitte die Seitenansicht der Schnecke.
Die Schnecke, sie ist leider überlackiert, zeigt ein typisches Mittenwalder Erscheinungsbild des ausgehenden 18. Jahrhunderts, Ähnlichkeiten zur vorhergesehenen Schnecke sind der hinten breite und sich zur Vorderansicht verjüngende Wirbelkasten, die ovale Anlage der Windungen und die engste Stelle, die weit unten in der Vorderansicht sitzt.
Der Lack von Anton Jais zeigt unter dem ultravioletten Licht einen zweischichtigen Aufbau, auf einer milchig-hellen Grundschicht sitzt eine dickere dunkelbraune Schicht.
Anton Jais war sicher einer der produktiveren Meister der Mittenwalder Schule, seine Arbeit ist individuell und wie am Beispiel der Geige von ca. 1785 zu sehen war, auf teilweise erstaunlichem Niveau.
Hier sind wir am Ende meines fest geplanten Programms angekommen. Ab jetzt geht es improvisiert weiter. Zuvor möchte ich mich bei einigen Kollegen, ohne deren Hilfe der Workshop in dieser Form nicht zu Stande gekommen wäre, bedanken. Dieser Dank gilt vor allem Herrn Zunterer, der mir seine neuesten Ideen und Erkenntnisse zu Verfügung gestellt hat. Desweiteren möchte ich mich für die zu Verfügung gestellten Instrumente bei Hieronymus Köstler und Benjamin Schröder bedanken.